Rheinische Post v. 22.März 1999

Premiere für Büchners "Woyzeck" in der Aula der Ernst-Barlach-Gesamtschule

Von beeindruckender Intensität

DINSLAKEN. Sie hatten sich mächtig was vorgenommen. "Woyzeck" von Georg Büchner ist keine ganz einfache Theaterkost, weder für das Publikum, noch für die Schauspieler;
zumal wenn die eigentlich Laien in ihrem Metier sind. Aber, was die Truppe um Lehrer und Regisseur Jochen K. Gerberding dann bei der Premiere am Freitag abend in der Aula der Ernst-Barlach-Gesamtschule ablieferte, war ein tatsächlich spannender Theaterabend, der neben einer gelungenen Interpretation des Büchner-Werkes insbesondere eines vermittelte: Laien, die Spaß am Theater haben und bereit sind, dafür auch harte und intensive Probenarbeit durchzustehen,
wirken auch in Rollen, die für sie eigentlich eine deutliche Nummer zu groß sein müßten, überzeugender als so mancher Tourneetheater-Schauspieler, der sein Pensum routiniert, aber ohne Herz herunterspielt.
Büchners "Woyzeck" ist Fragment geblieben. Gerberdings Inszenierung glättet da nichts. Auf offener Bühne reiht sich Szene an Szene, vom Grundaufbau an Figurengruppen auf altem mechanischen Spielzeug erinnernd und damit genau das Büchner-sche Thema treffend. Dann lassen die Schauspieler diese Bilder zum Leben erwachen und das mit einer Intensität, die ihren Eindruck aufs Publikum nicht
verfehlt. Da fällt dann auch gar nicht mehr ins Gewicht, daß "Woyzeck" Frederik Geisler seiner Spiellust gelegentlich allzu expressiv Lauf läßt, daß "Hauptmann" Dustin Peters die selbstgefällige Borniertheit seiner Figur gelegentlich etwas hektisch rü-berbringt.
Die Darsteller - dazu gehören noch Britta Kappel, Claudia Koall, Ekin Yilmaz, Dagmar von Forstner, Rene Weifender und Anne Fuchs - überzeugten in ihrem Engagement, einzeln und als Ensemble. Und einer tat dies ganz besonders. Jörg Höllerich gab einen wirklich formidablen "Doktor".
Langer und verdienter Applaus.

JÖRG WERNER