AEHLF/6
"ES WIRD VERDAMMT ZEIT, DIE TRÄUME MIT DEN ZÄHNEN ZU PACKEN!"



 
 

PREMIERE 26.NOVEMBER 2002 19.30 UHR
27. NOVEMBER 2002 "LITERARISCHE NACHT"
28. NOVEMBER 2002 19.30 UHR
in der Aula der EBGS Dinslaken


Der Finger in der Wunde - der Nagel im Fleisch - die Hand an der Gurgel - Blut statt Tränen - das Messer im Herzen!


 

AEHLF wäre nicht AEHLF, wenn nicht immer neue Wege gegangen würden!

 René WELFONDER
Christian KATHENBACH
Dagmar von FORSTNER
Janosch STEUWER
 Dustin PETERS
 Alice SEIBEL
Sarah CHIKOSI
Vanessa PETERS
Cornelia KILLIAN
 Jan-Christof TIMM
Jochen STRÄTER
Thomas JUNK
Thomas ZIGAHN
Karin KOSTER
Andreas WELNA
Jochen K.GERBERDING

"TITANIC - DER ALLTÄGLICHE UNTERGANG" befaßt sich mit authenischen und nur allzu menschlichen Problemen in einer sehr direkten und persönlichen Weise. In einer atemraubenen Theatercollage folgen Szene auf Szene, deren Ursprung in eigenen Erfahrungen der Ensemblemitglieder liegen, aber darüber hinaus auf das Allgemeingültige verweisen...
Zum Beispiel die wahre Geschichte eines Gesprächs auf einem Bahnhof.......

                                         Andreas

                                        Dia Bahnhof Köln Herbst – 1998.

Ton Bahnhofsgeräusche

Andreas Es ist kalt, ich friere. Ein schmaler, blasser Mann, der einem Obdachlosen hilft. Das Menschlein wirkt nicht älter als 20. Schön, daß sie ihm geholfen haben, sage ich. Ja, sagt er tonlos, ich weiß, wie’s ist, wenn man in der Scheiße sitzt. Ich reagiere nicht, brauche nicht zu reagieren – er redet und redet einfach drauflos – als wäre ich ein offenes Mikrophon und er auf Sendung.

                                        Tonband Ich bin am Ende. Wo soll ich hin. Ich komme gerade aus Jugoslawien.

                                        Dias Szenen aus dem Jugoslawien - Krieg

                                        Ton Erste Schüsse

Andreas Mir braucht man nichts mehr vorzumachen. Mir kann keiner mehr was erzählen. Ich bin in 6 Monaten um 20 Jahre gealtert. Ich habe alles gesehen – alles Menschenmögliche erlebt – habe alles Menschenunmögliche getan. Unmenschlich gehandelt, weil es von oben als einzig Menschenmögliche angeordnet wurde. So wurde uns zumindest erzählt. Ja, ich habe sogar auf Menschen geschossen. Ich habe sogar, glaube ich, auch einen Menschen getötet, mit mehreren Schüssen, aus unseren G-3 Gewehren. Vor unserem Lager kam zufällig ein Mensch vorbei. Unser Kommandeur schrie ihn an: "Hinlegen!" Er warf sich auf den Boden, dann kam der nächste Befehl an uns: "Achtung Gefahr! Legt an! Ziel aufnehmen! Feuer!"

Ton Feuerstöße

Andreas Wir sind aus friedenschaffenden Gründen losgeschickt worden um den Menschen dort zu helfen. Alles Lüge. Und das Schlimmste daran ist, ich habe beeiden müssen, nichts davon Zuhause zu erzählen, nichts was ich getan, erlebt oder gehört habe – nichts, nichts, nichts... Man hat uns verarscht. Ich bin frühzeitig entlassen worden: nicht brauchbar, nicht zurechnungsfähig, nicht glaubwürdig – eben kaputt. So steht’s in meiner Beurteilung, die wollen mich für verrückt erklären -–dabei haben SIE mich verrückt gemacht. Meine Wahrnehmung soll als nicht klar im Hirn dargestellt werden. Ich bin aber noch nicht verrückt, noch nicht. Ich habe meine Tagebuchaufzeichnungen hier in meiner Zigarettenschachtel... alles Angst vor Entdeckung.. Das macht mich verrückt, nicht erzählen zu dürfen, was wirklich war – Angst vor den Folgen wahrhaftig zu sein!

Tonband Ich höre zu, ohne gemeint zu sein, er will es loswerden, seine Stimme klingt wie ein Hauchen, als er sagt: "Und das alles nur, weil ich meine Freundin zuhause nicht sehen wollte. Wir hatten Streit über längere Zeit und ich bekam die Chance in kurzer Zeit viel Geld zu verdienen. In der Hoffnung, wenn ich zurück bin, würde alles besser sein. Scheiß auf das Drecksgeld.

Andreas Wir hatten die Aufgabe Aufräumarbeiten zu erledigen und wie wir aufgeräumt haben: meine Kameraden nahmen die Frauen wie Gegenstände. Und wenn sie nicht wollten oder zuviel schrien haben sie sie laufen gelassen – dann gab es Hasenschießen – Hasen sehen anders aus, aber wer wird mir glauben, mir wird sowieso keiner glauben, so einfach ist das. Und sie haben mir "Prügel" angedroht, wenn ich etwas gesagt hätte. Ich bin allein mit der Wahrheit, und die Wahrheit macht mich zum Lügner.

Dia Wahrheit

Andreas Das kann doch nicht wahr sein, denke ich, gib mir deine Telefonnummer! Jetzt lächelt er dankbar, schreibt auf einen kleinen Fetzen Papier seine Nummer auf. Danke, sagt er, es wird nur nicht weiterhelfen. Der Zug bringt ihn fort, abtransportiert, denke ich. Wochen vergehen und immer denke ich an noch an ihn zurück. Was wird mit ihm sein, was werden sie mit ihm gemacht haben – ihm, den freigesetzten Veteran unserer Bundeswehr.

Ton  Freizeichen

Andreas Ich wähle immer und immer wieder seine Nummer – keine Verbindung ich suche im Telefonbuch – keiner kennt ihn. Doch endlich einer – endlich – ich atme auf – meine Frage: und wo finde ich ihn – ich glaube, der hat sich erhängt, höre ich am anderen Ende der Leitung. Ich friere, lege auf und weine und ich denke, ich habe versagt. Zu spät geholfen, wie vielleicht schon öfter, der kleine Mord im Stillen.


SZENENFOLGE / MUSIK

Genesis, "Fly on a windshild"

0. Prolog "Achtung, Achtung"

1 an 11, 1 an 11, 1 an 11, danke!

Achtung, Achtung, Achtung
Ein wichtiger Hinweis ihres begleitenden Bordpersonals. Bitte befolgen sie die folgenden Anweisungen in ihrem eigenen Interesse. Diese Veranstaltung enthält sitten- und moralentlarvende Elemente. Bei beabsichtigten Ähnlichkeiten mit lebenden Personen oder realen Situationen, halten sie bitte Augen und Ohren auf. Bei zeitweiliger auftretender Übelkeit, Gänsehaut oder unvorhersehbaren Einsichten und Erkenntnissen halten sie bloß die Luft an und die Ohren steif. Oder verlassen sie  umgehend das Schiff über die, durch unser besonders gekennzeichnetes Bordpersonal (sie sehen alle aus wie Leonardo die Caprio), angegebenen Notrutschen. Schwimmen müssen sie allerdings allein. Viel Glück. Bitte verzichten sie während der Überfahrt auf die Benutzung von Handys, Vorurteilen und festgefahrenen Erwartungshaltungen. Bei Zuwiderhandlung werden sie kielgeholt, ausgesetzt oder müssen bis Erreichen unseres Kreuzfahrtziels alle Folgen des „Traumschiffs“ mit Sascha Hehn anschauen. Wir wissen nicht ob wir ihnen gute Unterhaltung wünschen sollen, ansonsten ahoi, Mast- und Schotbruch und immer eine Handbreit Wasser unter dem Kiel.

1. Navigare

1.1 "Preview" Mantler 1

2. Tom - 2

Catherine "Jeanette"
3. Mario

Duteil "Hommage"
4. Maximillian

5. Maria
"Sometimes I feel like a motherless child"

"Spieluhr"
6. Johanna

7. Lena
"Frei zu sein" Queen Bee

8. Friederike
"Ligeti"

"Jenseits der Stille - Heimfahrt"
9. Leon
Gabriel - "kommniezuspät"

"Es ist an der Zeit" 1
10. Andreas
"Es ist an der Zeit" 2

11. Tom - 2

12. Mantler "No answer"

12.1/2 Exitus
Mantler 3

13. Epilog

12.1 Exitus

Rene
Hektik. Ich sitze einfach da und schaue mir alles an, treffe auf Gesichter, aber sie existieren nicht, haben keinen Bestand
Christian
Meinst du nicht, wir könnten es verändern, wenn wir wirklich versuchen würden uns zu verstehen
Dagmar
Plötzlich zog sich eine unsichtbare Grenze durch meine Welt
Cornelia
Mir braucht man nichts mehr vorzumachen. Mir kann keiner mehr was zu erzählen
Dustin
Und so merkte ich nicht, wie ich mich selbst belog. Es ist, wie es ist, sagte die Vernunft
Alice
Wem sollte ich etwas zurücklassen, wer sollte mir zuhören, mich verstehen
Sarah
Es ist so oft, als gehöre ich nirgendwo hin. Was ist mit meiner Geschichte. Wie stumpfsinnig alle sind, wieviel Angst haben sie
Vanessa
Keine Zuneigung, kein Gespräch, kein Interesse. Ich hab mich immer wieder gefragt, wo liegt meine Schuld
Janosch
Aber wir sind noch so jung, was haben wir schon erlebt. Das Beste ist es, wenn du überlebst, wenn du ihnen zeigst, wieviel Leben  in dir ist
 
 

13. EPILOG

"Es war als hätt der Himmel
Das Wasser still geküßt
Daß es im Mondenschimmer
Von ihm nun träumen müßt

Winde strichen übers Eis
Und Wellen wogten sacht
Die Segel rauschten leis
wie sternenklar die Nacht

Und meine Seele spannte
Weit ihre Flügel aus
Flog durch die stillen Lande
als flöge sie nach Haus"