Der Literaturkurs 12 (1999/ 2000)

                                                                                                                                                                                                                            Foto Karin Koster

Ein Tatsachenbericht von Hendrik M. Czarnecki

Die Erlebnisse unseres Literaturkurses bei der Produktion eines Theaterstückes
Der Vorhang fällt, begleitet von den Klängen Nina Hagens "Zarah". Die Protagonisten des Literaturkurses 12, die im Jahre 2001 vor ihren Abiturthemen hocken, sind erleichtert. Die Belastungen, die ganze Anspannung ist für den Hauch eines
Augenblickes wie weggeblasen, jedenfalls für einige. Nach strapaziösen Probentagen
ist die Premiere von "Rien ne va plus" die erste große Rückmeldung, die wir von den
Zuschauern bekommen haben. Doch was spielerisch leicht auf der Bühne aussah, war
in Wirklichkeit harte Arbeit. Für die meisten von uns war es die allererste Aufführung
eines Theaterstückes, so auch für mich. Ich für meinen Teil, hatte keine große
Ahnung, was sich hinter einem solchen Drama für ein Zeitaufwand versteckt. Erst
nach den Arbeiten begriff ich den ganzen Umfang. Wir hatten etwas auf die Beine
gestellt. Doch der Weg dorthin war alles andere als einfach.
Nachdem wir frisch in die Zwölfte Stufe kamen, begann für uns das äußerst beliebte
Fach Literatur unter der Leitung von Jochen K. Gerberding. Die Wahl des Stückes,
welches wir aufführen sollten, stand bevor. Es beanspruchte schon eine gewisse Zeit,
bis der Kurs einen geeigneten Roman fand, mit dem man arbeiten konnte. Motive Jean - Paul
Sartre's "Das Spiel ist aus" eigneten sich hervorragend, für ein Theaterstück. Es war
sehr angenehm zu lesen und entsprach ganz unseren Vorstellungen.
Im August 1952 entstand Satre's Werk, was von nun an für den Kurs Lektüre und
zugleich Arbeitsmaterial sein sollte. Das Werk entspringt der Epoche des
Existentialismus.
Der Inhalt des Stückes ist leicht erzählt.
Frankreich steht unter der Herrschaft eines gewissenlosen und kaltblütigen Regenten.
In seinen Händen liegt das Befinden des Volkes. Einen Mann der wahrlich über
Leichen geht, gilt es zu stoppen. Der Revolutionär Pierre, sowie eine Handvoll
Kameraden haben sich geschworen, dem Terrorregime ein Ende zu machen.
Siegesbewußt stehen sie vor der Schwelle der Revolution. Jeder von ihnen ist
entschlossen, den Aufstand zu beginnen, doch scheinen sie, in ihrem Durst nach
Umsturz, Veränderung und Freiheit, ihren Gegner unterschätzt zu haben. Ein junger
Laufbursche der Revolutionäre entpuppt sich als Spitzel des kaltschnäuzigen
Regenten. Bevor die Gefolgsleute sich dieser Tragweite bewußt sind, wird ihr
Anführer Pierre Dumaine getötet. Zeitgleich stirbt die Frau eines Milizsekretärs, Eve
Charlier. Da sie sich zu Lebzeiten nicht begegnet sind, treffen sie sich nach dem Tod.
Von Geburt an sind beide für einander bestimmt, was sie zu diesem Zeitpunkt noch
nicht wissen. Pierre Dumaine der Revolutionär verzweifelt mehr und mehr als er
feststellen muß, daß der von ihm geplante Aufstand ausspioniert wurde und auf seine
Kameraden der sichere Tod wartet. Ebenso Eve Charlier die es nicht ertragen kann
wie ihr hinterbliebener Ehemann sich an ihre Schwester Lucette heran macht. Doch
durch einen Wink des Schicksals erhalten beide die Möglichkeit, auf die Erde
zurückzukehren. Dies alles geschieht aber nur unter einer Bedingung, Eve und Pierre müssen sich innerhalb von 24 Stunden aufrichtig und aus vollem Herzen lieben. Danach wird die Uhr bis zum Zeitpunkt des Todes noch einmal zurückgedreht. Auf den ersten Blick betrachtet erscheint diese Forderung nicht besonders anspruchsvoll zu sein, aber sie besiegelt ihr Schicksal.

Anstelle sich um ihre Liebe zueinander zu kümmern, wollen beide noch einige Dinge klarstellen. Das Schicksal zu akzeptieren kommt für keinen von beiden in Frage. Pierre will seine Kumpanen vom bevorstehenden Aufstand abhalten, doch er stößt bei ihnen er auf kein Gehör. Verbissen in ihrer Begehr nach Vergeltung, weisen ihn ab. Derzeitig ist Eve damit beschäftigt, Lucette vor dem hinterlistigen und fiesen Andre zu bewahren. Allerdings mit dem gleichen Erfolg den Pierre hatte. Alles endet sehr dramatisch. Die ihrer Liebe Verlorengebliebenden erliegen ihren gleichen Mördern. Der Spitzel Lucien befördert Pierre durch einen sanften Druck auf den Abzug seiner Faustfeuerwaffe, wieder zurück ins Reich der Toten. Weder Pierre noch Eve nutzten ihre gemeinsame Chance, dem Leben erhalten zu bleiben. Sie haben bis zu diesem Zeitpunkt nichts gelernt. Erst im Jenseits begreifen beide, daß man den Lauf der Kugel nicht aufhalten kann.

Der am 21. Juni 1905 in Paris geborene Jean - Paul Sartre gehörte seit dem Erscheinen seines philosophischen Hauptwerks "Das Sein und das Nichts" zum wichtigsten Vertreter des Existentialismus im 20. Jahrhundert. Jean - Paul Sartre setzte sich aufs Besondere für das Ende des Algerienkriegs in den 60'er Jahren, sowie für den Stop des Vietnamkriegs (1961 bis 1975) ein. 1964 lehnte der Existenzialist Sartre der Nobelpreis für Literatur ab. Am 15. April 1980 verstarb der 74 jährige Sartre. Er hinterläßt eine Reihe von Klassikern wie zum Beispiel: "Die ehrbare Dirne", "Der Teufel und der Liebe Gott" sowie "Die schmutzigen Hände" usw..

Nun wieder weg von Sartre und mehr zu unserer Arbeit mit dem Theaterstück. Es war alles andere als ein Zuckerschlecken. Die Arbeit, die wir zu bewältigen hatten, war keineswegs in der uns vorgegebenen Anzahl von Literaturschulstunden zu bewältigen. Hätten wir das Stück ohne die ganzen Probentage aufgeführt, wäre es einfach nur peinlich gewesen. Denn die Probentage haben hierbei wahrlich die Entscheidung zum Erfolg herbeigeführt. Vor diesen konnte zwar jeder seinen Text einigermaßen, in Ordnung sagen wir mal fast alle, den auch bei uns gab es da so gewisse Ausnahmen. Aber von Zusammenhang war nicht die geringste Spur. Ich jedenfalls für meinen Teil, war mehr als bedient. Um ehrlich zu sein, machte mir Literatur, anfangs während der Proben innerhalb der Schulzeit überhaupt keinen Spaß. Im ersten Moment dachte ich: "Hätte ich das gewußt, hätte ich Kunst gewählt!" Aber diese Meinung sollte sich im Laufe der entscheidenden Probentage noch ändern. Bereits am ersten richtigen Übungstag brachten wir einige wichtige Konturen in das Stück. Der Kurs drückte also Jean - Paul Sartre's Werk seinen Stempel auf. Aus "Das Spiel ist aus" wurde nahezu eine Komödie. Doch die ernsthaften Elemente blieben weitestgehend erhalten. Mit jedem Durchlauf wurde es flüssiger und überzeugender. Im Laufe der Zeit bekam ich einen regelrechten Reiz, wenn ich nur das Wort Durchlauf hörte. Wir hatten schon unzählige Male diese Prozedur ablaufen lassen und mußten es weiterhin tun. Es war, im Nachhinein betrachtet unabdingbar. Für die Aufführung in der Aula schien alles klar zu sein. Aber der Literaturkurs hatte noch ein weiteres Problem, nämlich die Aufführung im Burgtheater. Es war etwas ganz anderes als in der Aula. Wesentlich komplexer, wir mußten unsere Rollen stark überziehen, da sie sonst nicht großartig rübergekommen wären. Aber letztenendes reuissierte auch dies. Scheinbar sind wir mir unseren Aufgaben gewachsen. Jedenfalls war es aus meiner Sicht eine wichtige Erfahrung, die ich aus heutiger Sicht nicht mehr missen möchte!

BESETZUNG
Es tanzen, singen, lieben, revoltieren, vergiften, streiten, prügeln, schießen, zaubern, machen Musik, trinken, inszenieren, drehen die Zeit zurück, dekorieren, setzen ins Licht, feiern, organisieren, haben geschrieben, essen Hamburger, hoffen, intrigieren, hassen, kämpfen, fahren Rad, betrügen, lügen, schreien, klauen, weinen, lachen, leben, haben Lampenfieber, machen eben Theater und wünschen "Gute Unterhaltung":

TuncerASLAN - SebastianBLUHM - ClaraBRÖRMANN - JuliaCOTTA -HendrikCZARNECKI - DanielDÖRING - JochenK.GERBERDING • PatrickGROCHOWSKI - FranziskaHÖFFKES - AnjaJOHANN -JensKAPPEL - ChristianKATHENBACH - DeniseKOTZUR -StefanLEENEN - SandraRIECKE - MichaelSCHÄFER -StephanieSCHENKEL - RobinSCHLICHTE -SabrinaSCHLITTENBAUER - WolfhardSCHULZ - SemaSEYHAN -NadineSOMMER - StephanTÖRECKI - DavidTRIEPEL -CarolinaVOGEL - JessicaWIND - ThomasZIGAHN

DER LITERATURKURS 12/2000 DER
ERNST - BARLACH - GESAMTSCHULE DINSLAKEN