Abraham Lincoln:
"Wenn du den Charakter eines
Menschen prüfen willst, so gib ihm Macht."
DAS EXPERIMENT
Zum Inhalt
Durch eine Zeitungsanzeige erfahren die
zukünftigen Versuchskandidatinnen von dem ,,Experiment“, in dem sie
als Wärterinnen oder Gefangene 14 Tage in einem Scheingefängnis
verbringen sollen . 500 Euro sollen ihnen pro Tag für die Teilnahme
gezahlt werden- eine berechtigte Zahlung, da die Teilnehmerinnen rund um
die Uhr von Kameras überwacht werden und zudem auf ihre Grundrechte
verzichten müssen. Zweck dieses Versuches ist es die Erforschung von
menschlichen Verhalten innerhalb eines totalitären Systems, in dem
eine Gruppe uneingeschränkte Macht über eine andere ausübt.
Am Anfang des Experimentes herrscht noch
gute Laune bei allen Beteiligten , doch schnell wird aus Spaß Ernst.
Die Wärterinnen nutzen ihre Macht bis ins Äußerste, wobei
ihre aufgestauten Komplexe klar zum Vorschein kommen. Aufgrund des völligen
Realitätsverlustes und dem zunehmenden Abbau von Hemmungen kommt
es zu Erniedrigungen, Misshandlungen und grenzenloser Gewalt , auf
die die Häftlinge mit Ungehorsam und Provokation reagieren. Die meisten
Mitglieder beider Parteien sind völlig in ihre Rollen vertieft, die
sich mit der Zeit immer stärker und extremer definiert haben und Überhand
über ihre eigentliche Persönlichkeit genommen haben. Sie sind
nicht fähig sich gegen die entstandene Gruppendynamik aufzulehnen
und fügen sich ihren Rollen. Bereits nach kurzer Zeit scheint eine
Eskalation unvermeidbar.
Die sich immer stärker ausbreitende
Unruhe von Seiten der Häftlinge wird von den Gefangenen ausgenutzt,
indem sie zu immer verachtenderen und unmenschlicheren Mitteln zu
greifen um sich Gehorsam zu verschaffen. Es kommt sogar zu regelrechten
,,Krisengesprächen“ der Wärterinnen, in denen sie Pläne
schmieden, in welchen sie ihre Überlegenheit demonstrieren. In der
Szene, in der eine der Häftlinge ihre Milch nicht trinken will wird
die Brutalität ihrer Umgehensweise mit den Gefangenen deutlich: Durch
Liegestütze und einem äußerst verletzenden Umgangston soll
Autorität erreicht werden. Noch in der gleichen Nacht kommt es zu
einer Prügelei zwischen einigen Wärterinnen und der Gefangenen,
die schließlich völlig blutüberströmt in sich
zusammen sackt. Auch vor der sogennanten ,,black box“ machen die
Wärterinnen keinen Halt. Sie wird ebenfalls zum Instrument ihrer Gewalt
über die Häftlinge.
Obwohl die Aussagen einer Wärterin
bei der Befragung durch die Wissenschaftler zur aktuellen Lage im Gefängnis
sehr besorgniserregend sind, bleiben die Wissenschaftler konsequent und
es kommt es nicht zu einem Abbruch des Experimentes. Wie es sich nachher
herausstellt hat diese Entscheidung drastische Folgen…
Testbearbeitung
Dana KLOMBERG
Jule BELLINGRÖHR
Maike LAGERPUSCH
Angelina ERNST
Hannah KLOSTERMEIER
(Gefangene und Wärter stehen an ihrem Arbeitsplatz rum, Gefangene unterhalten sich alle, Professor steht mit im Raum)
WÄRTERIN 1: Ruhe!!! Leute hier
sind die Regeln (Hält einen Briefumschlag in der Hand )
GEFANGENE 3: Dann schieß mal los!
WÄRTERIN 1: Also: „Willkommen im
Experiment liebe Kandidatinin,
Sie befinden sich nun in ihrer zugeteilten
Rolle! Und tragen ihre entsprechende Arbeitskleidung. Nun werden sie mit
den Regeln bekannt gemacht die sie vierzehn Tage lang befolgen sollten:
Die Gefangenen bekommen einmal am Tag, für 30 Minuten, Ausgang auf
den Hof, wo es ihnen gestattet ist sportliche Aktivitäten nach zu
gehen. Dieser Zeitpunkt wird von den Wärtern bestimmt.“
GEFANGENE 2: Was!!! Einmal am Tag!
GEFANGENE 7: Nur eine halbe Stunde
sind die verrückt?!
WÄRTERIN 3: pss. Seid leise und hört
zu!
WÄRTERIN 1: „Die Tage werden folgendermaßen
ablaufen, es gibt drei Mahlzeiten am Tag, die Mahlzeiten finden in einem
Gemeinschaftsraum statt. In der Übrigen Zeit bekommen die Gefangenen
eine Aufgabe zugeteilt die sie still, in ihren Zellen, verrichten sollen“
GEFANGENE 4: Reden dürfen wir auch
nicht, pff (im schnippigen Ton)
WÄRTERIN 1: „Die Gefangene haben
die Wärter mit Frau Strafvollzugsbeamtin anzusprechen!“
GEFANGENE 5: Jawohl Sehr geehrte Frau
Strafvollzugsbeamtin!!! (Gefangene Lachen)
WÄRTERIN 3: Ruhe verdammt noch mal!
WÄRTERIN 1: „Die Gefangenen
bekommen Nummern zugeteilt! Mit denen sie die nächsten vierzehn Tagen
angesprochen werden, und sich anzusprechen haben. Diese Nummern werden
von den Wärtern zugeteilt! Die Regeln sollten von den Gefangenen eingehalten
werden, Regelverstöße können von den Wärtern bestraft
werden. „
Dies wäre alles zu den Regeln.
„Die ganzen 10 Tage werden Videoüberwacht! Bei Tag und Nacht!“
GEFANGENE 1: Cool wir sind also bei Big
Brother (Gefangene lachen)
WÄRTERIN 5: Können wir den Brief
endlich mal zu ende hören!
GEFANGENE 1: Natürlich Frau Strafvollzugsbeamtin
(alle
kichern)
WÄRTERIN 1: „Außerdem wird
von allen Versuchskandidatinnen die seelische Verfassung, einmal am Tag,
kontrolliert! Wir wünschen ihnen alle eine angenehme Zeit! Und hoffen
auf ein gelungenes Ergebnis! Das Experiment startet ab jetzt!!!“
WÄRTERIN 4: Dann stellt euch
mal in eine Reihe auf! Damit wir die Nummern einteilen können.
GEFANGENE 3: Alles klar!
WÄRTERIN 5: Das heißt „alles
klar Frau Strafvollzugsbeamtin!“ (sehr ernst)
GEFANGENE 3: Ist ja schon gut Frau Strafvollzugsbeamtin
GEFANGENE 7: Was geht denn jetzt ab???
(alle stellen sich in eine Reihe)
WÄRTERIN 5: 2,3,4,5,6,7 und
du bist die 8!!!! (zählt die Reihe lang)
GEFANGENE 2: Eigentlich fängt man
mit 1 an!!! (Gefangene lachen)
WÄRTERIN 5: Unter euch Dummies gibt’s
keine 1!!! Verstanden!!!
GEFANGENE: uhhhh
PROFESSOR
HOFFMANN: Gibt es noch irgendwelche Fragen?
GEFANGENE 6: Darf ich etwas fragen??
PROFESSOR 1: Nur heraus damit!!!
GEFANGENE 6: Bestrafen – wie sieht das
aus?
PROFESSOR
HOFFMANN: In einfachen Fällen Liegestütze.
Bei schweren Verstößen gegen die Anstaltsordnung haben wir dort
drüben die „Black Box“. Eine licht- und schallisolierte Einzelhaftzelle,
die extrem klein ist. Ich darf ihnen versichern, dass ein längerer
Aufenthalt dort keine reine Freude ist.
(Alle starren auf die Black Box.)
GEFANGENE 6: Scheiße!
PROFESSOR
HOFFMANN: Wie gesagt, bei schweren
Verstößen. Nun ich denke, damit ist alles gesagt. Also, angenehmen
Aufenthalt, meine Damen.
(Professor geht ab. Gefangenen stehen in einer Reihe)
WÄRTERIN 2: Ihr seid Häftlinge!
Häftlinge! Solange ihr hier seid, habt ihr die Regeln zu befolgen!
Häftlinge haben die Regeln zu befolgen! Nummer 5 wiederhole!
GEFANGENE 5: Häftlinge haben
die Regeln zu befolgen!
WÄRTERIN 2: Wie heißt
das?
GEFANGENE 5: Häftlinge
haben die Regeln zu befolgen, Frau
Strafvollzugsbeamtin
WÄRTERI 2: Korrekt. Also, wenn
das in eure Köpfe eingedrungen ist, ist alles in Ordnung. Okay! Ich
will noch eins sagen, bevor wir zur Routine übergehen können
sind zwei Dinge wichtig. Ruhe. Und Ordnung. Ruhe. Und Ordnung. Ihr seid
die Häftlinge. Wir sind die Wachen. So ist das. Ihr denkt vielleicht,
das ist alles nur ein Spiel, hier. Aber das ist es nicht. Es ist real.
Alles real! Das Gefängnis ist real. Wir sind real. Dass müsst
ihr kapieren. Solange hier Ruhe und Ordnung herrschen, solange ihr euch
an die Regeln haltet, kommen wir prima miteinander aus. Okay? Es ist ganz
einfach. Aber wenn einer von euch besonders schlau sein will, wenn einer
von euch versuchen sollte, die Ordnung zu gefährden, dann werdet ihr
alle dafür geradestehen. Ist das angekommen? Es liegt an euch. Okay?
Also gut… Durchzählen!
(Alle sagen ihre Nummer und danach gehen sie in die Zellen.)
GEFANGENE 1: Gibt’s nicht bald was
zu essen? Ich sterbe vor Hunger!
WÄRTERIN 2: Ruhe! Hier wird
nicht gestorben! Lernt lieber die Regeln! Ihr solltet sie morgen kennen!
(Wärter gehen ab. Gefangene sind in den Zellen)
Zum Hintergrund
Erschreckend und zugleich beängstigend
ist die Tatsache, dass das Stück an eine wahre Begebenheit angelehnt
sind. Das Stanford- Prison- Experiment gilt als ein Meilenstein der Verhaltensforschung
von Menschen innerhalb eines totalitären Systems. Der Versuch wurde
vom amerikanischen Psychologen Philip Zimbardo an der Universität
von Stanford im Sommer 1971 durchgeführt. Der Unterschied zwischen
dem realen Experiment und dem Stück besteht darin, dass ersteres aufgrund
von moralischen und ethischen Grundsätzen vorzeitig abgebrochen wurde,
während der Versuch in dem Stück erst beendet wird, nachdem es
Tote und Schwerverletzte gab.
Auch dieser Versuch begann vorerst mit
einer Zeitungsannonce auf die sich zahlreiche Personen meldeten und schließlich
24 von ihnen als Wärter bzw. Gefangene am Experiment teilnehmen durften.
Sie wurden, wie im Stück, dafür bezahlt und mussten sich auf
dieselben Bedingungen einlassen, um teilzunehmen: Kameraüberwachung
rund um die Uhr und der Verzicht auf Grundrechte. Dadurch, dass den Wärtern
auch hier alle Freiheiten gelassen wurden, um für Ruhe und Ordnung
im Gefängnis zu sorgen, war auch im realen Versuch eine Eskalation
vorhersehbar.
Das Stück bzw. das Stanford- Experiment,
aber auch der Film bzw. der Roman ,, Die Welle“ , in dem ein Lehrer
seinen Schülern anhand eines Experimentes den Nationalsozialismus
erklären will und ihnen dabei nahe legen will, wie einfach es auch
heute noch ist die Menschen zu manipulieren und eine Diktatur zu schaffen
erinnern an die Diktatur unter Adolf Hitler, bzw. die Machtergreifung der
Nazis die sich in vielen Punkten ähnlich vollzogen bzw. entwickelt
hat wie in dem Stück bzw. dem Roman. In allen Fällen gelang es
einer kleinen radikalen Gruppe die Macht an sich zu reißen und die
völlige Kontrolle der anderen zu erlangen. Die Gefahr, die von dieser
Gruppe ausging wurde nicht erkannt bzw. unterschätzt. Auch die einzelnen
Charakterzüge der Wärter Gemeinsamkeiten auf: Alle sind im realen
Leben eher unauffällige, ,,normale“, evtl. sogar zurückhaltende
Menschen mit Familie, die scheinen harmlos zu sein und nicht fähig
für solche Taten, wie sie im Stück vollbracht werden. Diese Tatsache
erinnert ohne Frage an die Machthaber des dritten Reichs. Desweiteren wurde
auch in der Zeit des Naziregimes eine Eskalation erkannt, aber nur wenige
sind in der Lage sich dieser Dynamik bzw. dieses ,,Gruppenzwangs“ zu entziehen.
Gelingt es ihnen doch sich durchzusetzen, ist es schon zu spät und
die Situation außer Kontrolle und bereits nicht mehr zu stoppen.
BESETZUNG
SCHAUSPIEL
PROFESSOR HOFFMANN- Phillip SCHAUM
PROFESSOR NEUENHOFF– Markus TRINKERT
STEFAN STEIGER (Student)– Lutz DORSTEWITZ
WÄRTERINNEN:
VERENA SPRINGER (Nr.1) – Patricia VON
NAGELL
ANNA SCHULZE (Nr.2) – Angelina ERNST
NATHALIE BÖHME (Nr.3) – Jule BELLINGRÖHR
JENNIFER GOLDBACH (Nr.4) – Katrin REINTJES
MIRIAM BRINKMANN (Nr.5) – Tina BURGARD
LEONIE LEWECK (Nr.6) – Maike LAGERPUSCH
GEFANGENE:
LENA SOMMER (Nr.1) – Katja FASSE
INES NIESBACH (Nr.2) – Isabelle ROTH
BRITTA RAINKE (Nr.3) – Mara JOHANNING
TANJA WEBER (Nr.4) – Chantal LESAGE
LAURA BARTELS (Nr.5) – Lisa BROECKER
JOHANNA SCHRÖDER (Nr.6) – Hannah
KLOSTERMEIER
JULIA STEINBRING (Nr.7) – Dana KLOMBERG
TECHNIK
Patrick RICHTER
Sebastian CIUPKA
Pascal JARCZYK
ZITATE
ANNA SCHULZE: ,, Ich will noch eins sagen,
bevor wir zur Routine übergehen können sind zwei Dinge wichtig.
Ruhe und Ordnung.
JENNIFER GOLDBACH: ,,Hey kommt mal wieder runter, das ist nur ein Experiment, bis jetzt ist ja noch nichts passiert!“
ANNA SCHULZE: ,,Es ist an der Zeit, denen zu zeigen wer hier der Boss ist.“
GEFANGENE 7: ,,Ja klar! Die Attacke ging doch gegen uns alle! Sie wollten uns nur damit zeigen wer hier an der MACHT ist.“
LEONIE LEWECK:,, Sie verlieren den Kontakt zur Realität. Sie nehmen alles so ernst.“
LENA SOMMER: ,,… wo bleibt die Menschlichkeit!?“
BRITTA RAINKE: ,, Meint ihr das steckt auch in uns?“
JULIA STEINBRING:,, Reicht es euch immer noch nicht was alles passiert ist??? Muss erst eine von uns sterben??? Seid ihr dann zufrieden?
LAURA BARTELS:,, Wir sind hilflos wie Tiere!“
ANNA SCHULZE:,, Hier wird nichts abgebrochen!
Keiner verlässt das Experiment! Niemand! Das ist kein Spiel! Wir sind
hier in der Realität! Habt ihr verstanden? Niemand geht hier weg,
keiner hört auf !!!! Habt ihr gehört?!? KEINER!!!
EBGS - Theaterproduktion 2008