Rheinische Post vom 28.März 2003
RP-Foto: Jörg Kazur
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Sexuelle Gewalt ist noch immer ein Tabuthema, über das
gern das
Mäntelchen des Schweigens gebreitet wird. Im Alltag zumindest. Im
Theater ist das anders. Und das ist gut so. Sonst gäbe es wohl in
Dinslaken kaum zwei Produktionen gleichzeitig, die sich dieses Themas
annähmen.
Die eine ist von Profis, die andere von Amateuren inszeniert.
Während
die Burghofbühne einen besonders schrecklichen Fall von
Kindesmissbrauch
in der Familie beleuchtet ("Schreib mich in den Sand"), greift die
KuDa-Theatergrup-pe
der Emst-Barlach-Gesamt-schule die Vergewaltigung eines jungen
Mädchens
nach einem Diskobesuch auf ("... und plötzlich war alles anders").
Das Thema allein verdient noch kein Lob. Die sensible, behutsame, leise
und dabei so eindringliche Art und Weise, mit der die jungen Darsteller
dem stummen Schrei geprügelter Seelen Gehör verschaffen, sehr
wohl. Das ist engagiertes, junges Theater, wie es sein sollte. Tolle
Leistung.
Mehr
davon.
ras
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EBGS-Theater
Am Ende betroffenes Schweigen
Von LENA STEEG
DINSLAKEN. Die Aula der Emst-Barlach-Gesamtschule wurde am Mittwochabend von einem langen, betroffenen Schweigen erfüllt. Grund dafür war das Theaterstück " ... und plötzlich war alles anders", das der Kursus für Kunst und Darstellendes Spiel (KuDa) an jenem Abend präsentierte. Denn die Thematik des Stückes - sexueller Missbrauch und dessen oft unüberwindbare Folgen - gehört nach wie vor zu den Tabuthemen unserer Gesellschaft. Und trotzdem, oder aber gerade deswegen, hatten die Jugendlichen beschlossen, das Schweigen zu brechen.
Liebe und Partnerschaft
Nach einer vorangegangenen Projektwoche zum Thema "Liebe, Partnerschaft
und Sexualität" im Jahre 2001 entwickelten die Schülerinnen und
Schüler Interesse für diese ernste Thematik. In zahlreichen Gruppengesprächen
wurden erste Überlegungen angestellt, auf welche Weise man die Thematik
angehen sollte. Erste improvisierte Proben wurden veranstaltet, und in
ihren Sommerferien machten sich Andrea Küppers und Annika Vester daran,
den Gedanken des Kurses die passenden Worte zu verleihen.
So entstand nach und nach die Geschichte von Julia, einem gewöhnlichen
15-jährigen Mädchen, das nach einem Streit mit ihrem Freund Luca
die Disco verlässt und sich alleine auf den Heimweg macht.
Und da ist er auf einmal, dieser Augenblick, der Julias ganzes Leben
für immer verändert. Noch während die Schulband um Lehrer
Lutz Weigang die Geschehnisse auf der Bühne mit nachdenklicher Rockmusik
untermalte, machte sich im größtenteils jungen Publikum spürbare
Beklemmung breit. Denn das Schicksal der sympathischen Julia, das die Altersgenossen
vome auf der Bühne vorspielten, konnte man dank der realistischen
Darstellung der Nachwuchsschauspieler und ihrer Ängste nur allzu gut
nachempfinden.
Auch aus diesem Grund hatte der Kursus ursprünglich noch eine
Gesprächsrunde mit den Zuschauem geplant, doch Jochen Gerberding,
Leiter der Aufführung, fand die passende Erklärung für die
Stille nach dem Stück: "So etwas muss man erst einmal sacken lassen,
um dann vielleicht im Nachhinein darüber zu sprechen." Genau damit
wäre dann auch das eigentliche Ziel der Aufführung erreicht:
Das Schweigen zu brechen.